Im Frühjahr hatte sich Herbert Thürmer in Kassel verabschiedet, im Herbst kam er zurück, mit einem goldbestickten
Burnus, einem silbernen Damaszenerdolch und der Würde eine Ehren-Emirs der stolzen Beduinen vom Stamm der Beni-Hakhomen
in Arabien. Mit dem Moped war Herbert Thürmer von Kassel über Italien, Jugoslawien, Griechenland, die Türkei nach Syrien,
Libanon, Irak, Trans-Jordanien und Ägypten gefahren, eine Strecke von rund 15.400 km. Eine Express-Radexi war es, mit einem
49 ccm 1-PS-Express-Motor, das Thürmer und Gepäck mit einer Gesamtlast von 160 kg über die steilen Pässe Dalmatiens und
Montenegros trug, über den Parnassos und Olymp Griechenlands, durch die trostlosen Salzsteppen Anatoliens, über den
zerklüfteten Taurus in der Osttürkei, weiter durch die Wüsten Sham und Nefudh in Syrien und Irak.
Das nachhaltigste Erlebnis dieser wirklich interessanten und in einem gewissen Sinne abenteuerlichen Reise, über die
Herbert Thürmer ebenso interessant und abenteuerlich an Hand seiner unzähligen Fotos und mitgebrachten Erinnerungsstücke
zu berichten weiß, war natürlich ein längerer Aufenthalt als Gast des Beduinenstammes Beni-Hakhomen, der etwa 20.000
Beduinen umfaßt. Hier wurde ihm hohe Ehre zuteil, denn der Stammes-Scheich verlieh ihm als bisher einzigen Europäer die
Ehrenwürde eines Emirs nebst goldbesticktem Burnus, Kopfschmuck und einem gefährlichen Dolch mit dem Stammeszeichen
auf der nadelspitzen Klinge, der ihm nach arabischer Sitte ewige Freundschaft der freien Beduinen zusichert. Mit dem
Inhalt einer Bayer-Tropen-Apotheke heilte und linderte Thürmer Malaria, Abszesse, Blutruhr und andere Leiden der Araber,
was ihm die Hochachtung und unverbrüchliche Freundschaft der braunen Wüstenritter einbrachte. Bald wurde ihm das Salz der
Freundschaft gereicht und er vom Scheich Ahmed Jaroun herzlich in die Stammesgemeinschaft aufgenommen. Jeden Tag wollte ein
anderer Araber auf der Radexi fahren, bis Thürmer schließlich, aus Furcht, die Heimreise auf einem zu Schrott gefahrenen
Moped nicht mehr zu schaffen, die Zündkerze aus dem Zylinder schraubte. Zum Schluß bot ihm der Scheich höchstpersönlich,
der sich in das funkelnde Moped aus Neumarkt verliebt hatte, sieben Frauen zum Tausch oder den Gegenwert in Kamelen an.
Zwei Kamele sind zur Zeit die gültige Valuta für eine 11jährige Wüstentochter. Da aber Thürmer weder einen Zirkus mit
Kamelen, noch einen Harem in Deutschland gründen wollte, lehnte er den allzu großmütigen Handel ab und wich dem
Tauschangebot Ahmed Jarouns geschickt aus, indem er eine Mundharmonika, Rasierklingen und Nagelnecessaire als Geschenk
opferte.
Mit den Fahrstraßen wurde es bereits in Jugoslawien ein Problem. Bis Damaskus sah Thürmer keine Teerstraßen mehr. Insgesamt
72 Reifenpannen, oft genug in sengender Sonne, machten Thürmer in den Bergen und Steppen mit den Tücken von Hufnägeln,
Kameldorn- und Kakteenstacheln vertraut. Aber dem Motor konnte nichts, weder Sandstürme und Hitze, noch schlechtes
Benzin etwas anhaben. Während die Kameras versandeten und tagelang unbrauchbar waren, der Motor widerstand auch diesen
härtesten Anforderungen Tag für Tag mit gleicher unverdrossener Leistung - 15.400 km weit und 7 Monate lang - von Kassel
nach Jerusalem.
Ja, sieben Monate mit Zelt, Moped und Kamera, und das alles mit 160 DM Fahrtkosten - bemerkt Thürmer zum Schluß, das ist
eine feine Sache, und wenn ich eine zweite Radexi haben werde, reise ich mit meiner Frau zu meinen vielen Freunden in
der Türkei, Syrien, Irak und Libanon und zu den Beduinen in Arabien - denn billiger und zuverlässiger gehts wirklich nicht
mehr.